Süßwasserschnorcheln in Bom Jardim

Bom Jardim (ausgesprochen „Bom Dschar-dschim“, zu Deutsch: „Guter Garten“) ist ein kleiner Ort mit weniger als 1000 Einwohnern ungefähr 150 Kilometer nördlich von Cuiabá. Die große Attraktion sind Quellen mit kristallklarem Wasser, in denen man schnorcheln und sich die Flüsse hinuntertreiben lassen kann. Die Brasilianer nennen das „Flutação“ und es ist ein außergewöhnliches Naturerlebnis!

Unterwasser-Selfie mit Fisch
Unterwasser-Selfie mit Fischen

Unterwegs im brasilianischen Alltag

Wir berichteten bisher von den großen Sehenswürdigkeiten, dem Rio Negro, dem Pantanal. Dabei kamen Einblicke in den brasilianischen Alltag vielleicht etwas zu kurz. Im täglichen Umgang erlebten wir ein sehr untouristisches Land, in dem wir Reisende eine Ausnahme und nicht die Regel waren. Erfahrt mit uns ein wenig den Reisealltag, bevor wir beim Schnorcheln ankamen.

Unsere Pousada (so heißen in Brasilien die Hotels) in Bom Jardim buchten wir über WhatsApp in einer Mischung aus Spanisch und mit Hilfe von Google übersetztem Portugiesisch. Für einen Anruf hätten unsere Sprachkenntnisse nicht ausgereicht. Weitere Informationen, zum Beispiel die Busverbindung zum kleinen Ort, waren allerdings schwierig in Erfahrung zu bringen. Es hieß, der Bus würde in Cuiabá an der Straße nach Bom Jardim um 14:00 Uhr abfahren. Vielleicht war damit für einen Brasilianer alles klar, für uns aber nicht, schließlich hat Cuiabá 550.000 Einwohner, ist Provinzhauptstadt, vermutlich führen mehrere Wege nach Bom Jardim und außerdem: Wo an der Straße? Also versuchten wir, die Einheimischen zu fragen.

Ist das unser Bus?
Ist das vielleicht unser Bus?

Weitere Informationen über den genauen Ort der Abfahrt waren allerdings schwierig zu bekommen. Das Busunternehmen (GMTur) war im Internet nicht vertreten, die Tourismusbehörde und alle anderen, die wir fragten, kannten weder das Unternehmen noch die Verbindung, obwohl Bom Jardim als Ziel hoch im Kurs stand. Die meisten hätten uns am liebsten begleitet. Wir fühlten uns in einer Sackgasse… Nach einer weiteren spannenden WhatsApp-Runde mit der Pousada erfuhren wir, der Bus würde (naheliegenderweise) am Bus-Terminal abfahren, eine Auskunft, die wir besser einordnen konnten als „an der Straße“. 😉

Eine Busfahrt, die ist lustig…

Als wir mit viel Vorlauf am Busterminal ankamen, ging die Schnitzeljagd weiter. Die Brasilianer, die wir fragten, zeigten uns einen Schalter, an dem zwar nicht GMTur stand, die Angestellten fühlten sich aber trotzdem erstaunlicherweise für uns zuständig. Sie zeigten nach links und Richtung Untergeschoß, da sollte der Bus abfahren. Mona erinnerte sich, dass eines der Logos laut Reiseführer der frühere Name der Busgesellschaft („CMT“) war, die Spur war also heiß.

An der Haltestelle angekommen fragten wir die dort wartenden Menschen: Ja, um 14:00 Uhr wäre Abfahrt. Um 14:00 Uhr kam dann allerdings kein Bus. Also warteten wir, bis gegen 14:30 Uhr in der Tat ein Omnibus (mit dem Aufdruck CMT) einfuhr – der falsche. Einige Minuten später kam dann doch der richtige, mit einem Schild Bom Jardim :). Interessanterweise war der Bus schon halbvoll (Waren die anderen Passagiere an der Landstraße eingestiegen?). Erleichtert verluden wir unser Gepäck und stiegen ein.

Pipi-Pause auf dem Weg nach Bom Jardim
Pipi-Pause auf dem Weg nach Bom Jardim

Damit ging es aber noch nicht sofort los. Der Busfahrer fing an, handschriftliche Tickets auszustellen mit dem vollständigem Namen und der CPF jedes Fahrgastes. (Die CPF ist eine individuelle Nummer, die der Registrierung jeder Person zu Steuerzwecken dient und die der Bürger bei allen möglichen Anlässen angeben muss. Ohne eine CPF existiert man in Brasilien eigentlich nicht.) Für uns, die einzigen Ausländer im Bus, reichte glücklicherweise die Passnummer und unsere Namen waren so kompliziert, dass wir sie selbst eintragen sollten. Irgendwann kurz nach 15:00 Uhr ging es los.

Für die 150 Kilometer brauchten wir 4 Stunden, da erst immer wieder Leute einstiegen und später ausstiegen. Kurz vor der Ankunft in Bom Jardim waren nur noch 10 Passagiere im Bus. Gegen Ende der Fahrt schien es der Busfahrer eilig zu haben, da er das Tempo deutlich erhöhte. Das ganze Erlebnis war insgesamt recht lateinamerikanisch, aber auch sehr amüsant. Schließlich hielt der Bus direkt vor der Eingangstür unserer Pousada und der Fahrer wies uns freundlicherweise noch zum richtigen Haus.

Erste Eindrücke aus Bom Jardim

Bei unserer Ankunft war es schon dunkel und wir waren hungrig. An der Rezeption erkundigten wir uns nach den lokalen Restaurants. Amanda fragte nach unseren Wünschen, erklärte uns den Weg, und merkte, dass wir ihr nicht ganz folgen konnten. Also begleitete sie uns und zeigte uns freundlicherweise den Weg, fast ein bisschen japanisch ;). Die beiden Restaurants, die sie uns empfehlen wollte, waren allerdings geschlossen. Sie versprach, uns für den nächsten Abend einen Tisch zu reservieren und wir landeten erstmal in der Pizzeria des Ortes. Nachdem Bom Jardim als Ausflugsort in Brasilien sehr bekannt zu sein schien, fragten wir uns allerdings, wo sich denn die anderen Reisenden verköstigten.

Mehrere Riesentukane flogen beim Frühstück durch den Garten.
Mehrere Riesentukane flogen beim Frühstück durch den Garten.

Beim Frühstück im exotischen Garten der Pousada waren wir die einzigen Ausländer unter einigen brasilianischen Familien. Außerdem gab es einige tierische Besucher: Papageien und Tukane flogen über unsere Köpfe und saßen in den Bäumen. Welch ein bezaubernder Anblick!

Ein Halsbandarassari überwacht den Garten.
Ein Halsbandarassari überwacht den Garten.

Aquário Encantado – das verzauberte Aquarium

Unser erster Ausflug führte uns zum Aquário Encantado, dem verzauberten Aquarium. Es liegt auf dem Gelände einer Farm einige Kilometer von Bom Jardim entfernt. Dort angekommen bekamen wir Schnorchelausrüstung und eine Schwimmweste für den Auftrieb im Süßwasser bei der Flutação, dem im Wasser Dahinschweben. Anschließend fuhren wir ein kleines Stück in einem von einem Traktor gezogenen Anhänger zusammen mit einigen weiteren (ausschließlich brasilianischen) Gästen. Wenige Fußminuten auf einem schattigen Waldweg später erreichten wir schließlich das Aquarium.

Angekommen am Aquario Encantado
Angekommen am Aquário Encantado

Das Aquarium war ein natürliches blaues Becken mitten im Wald, in dem es in der Tat vor Fischen nur so wimmelte. Im fast überirdisch kristallklaren Wasser konnte man jedes kleinste Detail gestochen scharf erkennen. Schwärme von großen und kleinen Fischen schwammen im Aquário Encantado, das von einer unterirdischen Quelle gespeist wird, und wir waren mittendrin. Langsam bewegten wir uns durch das Farbenspiel von Licht und Schatten. Die Ruhe wurde immer dann kurz unterbrochen, wenn die Guides etwas Fischfutter ins Wasser warfen, was einen regelrechten Tumult auslöste.

Hunderte von Fischen im Aquario Encantado
Hunderte von Fischen im Aquário Encantado

Nach etwa 30 Minuten wechselten wir vom Becken in den Fluss. Auch hier gab es Fische, allerdings nicht so viele wie im Aquarium, dafür aber eine deutlich spürbare Strömung. Wir ließen uns für einige hundert Meter durch den Wald treiben  und erlebten den Regenwald aus einer ungewöhnlichen neuen Perspektive. Die Sonnenstrahlen fielen durch das Blätterdach ins Wasser und zeichneten leuchtende Spuren auf den sandigen Grund. Taucht mit uns im folgenden Video ein ins kühle Nass:

Auf Dauer – wir hatten uns ungefähr eine Stunde im vielleicht 20 Grad frischen Wasser getummelt – war es recht kühl geworden und wir genossen es sehr, uns anschließend in der prallen Sonne wieder aufzuwärmen.

Besuch bei den Aras

Am späten Nachmittag besuchten wir die Lagoa das Araras, den See der Aras. Dort leben einige Paare von Gelbbrustaras. Tagsüber sind sie unterwegs, aber in der Abenddämmerung kehren sie zur Lagune zurück und übernachten hoch oben in den Palmen, die im See stehen. Der Fußweg zum See dauerte maximal 30 Minuten, aber niemand in unserer Pousada konnte begreifen, dass wir freiwillig zu Fuß dorthin gehen wollten – komisch, diese Ausländer ;). Eindringlich warnten sie uns vor den Kühen, was uns ein wenig an den Cotopaxi-Nationalpark erinnerte ;).

Die Wächter der Aras: Die gefährlichen Kühe
Die Wächter der Aras: Die gefährlichen Kühe

Wir starteten gegen 16 Uhr und erreichten den See im schönsten Abendlicht. Einige weitere Besucher waren schon eingetroffen, darunter sogar ein paar weitere Deutsche. Die ersten Aras flogen bald unüberhörbar krächzend ein und landeten auf jeweils einer der Palmen im See. Dabei flogen sie in der Regel paarweise und steuerten zielgerichtet ohne große Umwege ihren Baum an.

Zwei Gelbbrustaras im Anflug auf ihre Palme
Zwei Gelbbrustaras im Anflug auf ihre Palme

Von zwei Plattformen auf dem See hatte man den besten Blick. Die Sonne verschwand bald hinter den Bäumen und ging unter. Die Aras waren alle zu Hause angekommen und bettfertig. Erst am nächsten Morgen würden sie zu neuen Abenteuern aufbrechen. Nach Sonnenuntergang machten wir uns wieder auf den Rückweg, um in der kurzen Dämmerungsphase wenigstens noch an den bösartigen Kühen vorbeizukommen 😉

Sonnenuntergang an der Lagoa das Araras in Bom Jardim
Sonnenuntergang an der Lagoa das Araras in Bom Jardim

Wasserfall, Fischakrobatik und Tirolesa

Am nächsten Tag fuhren wir zum Cachoeira da Serra Azul („Der Wasserfall des blauen Gebirges“), ebenfalls zur Flutação. Das Prozedere war ähnlich wie am Vortag, allerdings bekamen wir diesmal nur eine Tauchermaske und keinen Schnorchel. Bevor wir ins kühle Nass hüpfen konnten, mussten wir diesmal allerdings erst eine kleine Wanderung absolvieren. Das Becken, das vom Wasserfall gespeist wurde, war gut einen Kilometer vom Eingang entfernt und wir stiegen über 250 Stufen 50 Höhenmeter nach oben.

Cachoeira da Serra Azul
Cachoeira da Serra Azul

Im Wasser trafen wir wieder auf mehrere Fische. Insgesamt war die Flutação im Aquário Encantado deutlich spannender gewesen, dafür bot die natürliche Umgebung hier einiges an Dramatik. In einem Waldstück stürzte ein gewaltiger Wasserfall aus 50 Metern Höhe an einer Felswand hinab in ein großes blaues Becken. Wir machten uns den Spaß, gegen die Strömung zum Fuß der Kaskade zu schwimmen. Von der Seite gelangte man am besten unter den Wasserfall.

Piraputanga-Fische bei der Flotação
Piraputanga-Fische bei der Flutação

Die Fische hielten sich im ruhigeren Teil des Beckens in der Nähe des Stegs auf und sie konnten ein ganz erstaunliches Kunststück zeigen. Wenn man ein kleines Stückchen Apfel auf einen Stock spießte und dieses ungefähr einen halben Meter über die Oberfläche hielt, sprangen sie hoch aus dem Wasser, um das Obst zu erbeuten!

Hoch im Kurs bei den Fischen: frische Apfelstückchen
Hoch im Kurs bei den Fischen: frische Apfelstückchen

Abwärts zurück zum Eingang ging es mit einer Zipline, die Brasilianer bezeichnen dies als „Tirolesa“. Das Wort amüsierte uns sehr, da es laut dem spanischen Wikipedia-Artikel auf Tirol zurückgeht :). (Ob dies wohl nach Ansicht der Brasilianer in Österreich ein verbreitetes Fortbewegungsmittel ist?) Die Abfahrt war sehr erfrischend und flott. Bei bis zu 60 km/h legten wir die 50 Höhenmeter in gerade mal 40 Sekunden zurück – Jippie!

Epilog

Der kleine Ort Bom Jardim an sich machte einen sehr entspannten und familiären Eindruck, ein wenig wie Dangriga auf brasilianisch. Unser Besuch dort war ein sehr einheimisches, außergewöhnliches Erlebnis. Kulinarisch wird uns vor allem unser denkwürdiges Abendessen in der Rancho Chapulin, bei der Heuschrecke, im Gedächtnis bleiben. Aber davon soll in einem anderen Blogpost berichtet werden.

Ein brasilianisches Highlight: Das Aquario Encantado bei Bom Jardim
Ein brasilianisches Highlight: Das Aquario Encantado bei Bom Jardim

Die Rückfahrt von Bom Jardim nach Cuiabá war vergleichsweise einfach. Morgens um 6 Uhr ging es los. Der Bus hielt direkt vor unserer Pousada, es war der gleiche Bus. Derselbe Busfahrer begrüßte uns mit einem breiten Lächeln, er erkannte uns natürlich wieder. Die Tickets füllten wir diesmal direkt selbst aus, als ob wir seit 20 Jahren Stammkunden wären und am späten Vormittag kamen wir wieder in Cuiabá an.

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[…] Form des Fisch-Rodizio erlebten wir in einem der urigsten Lokale unserer Brasilienreise in Bom Jardim, im „Rancho Chapulin“. Im Restaurant gab es lange Tische für jeweils mindestens 50 […]

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