Brasilien kulinarisch, Rodizio und mehr!

In Brasilien hätten wir wegen der vielen exotischen Früchte und der leckeren Säfte problemlos zu Frutariern werden können. Dann hätten wir jedoch unverzeihlicherweise viele andere Leckereien nicht probieren können. Die brasilianische Küche ist eher weniger raffiniert, dafür aber sehr reichhaltig, besteht aus frischen lokalen Zutaten und tendiert definitiv auf die herzhafte Seite. Bestes Beispiel dafür ist Rodizio. Außerdem hat Brasilien auch leckere Süßigkeiten zu bieten – ein Rundum-Sorglos-Paket.

In Brasilien isst man Rindfleisch, klar, aber es gibt auch exzellenten Fisch!
In Brasilien isst man gerne Rindfleisch, klar, aber es gibt auch exzellenten Fisch!

Frühstück – Café da Manhã

Das Frühstück (café da manhã) war entgegen des Namens, der nur einen Kaffee suggeriert, immer recht reichhaltig. Interessanterweise gab es überall ein sehr ähnliches Angebot bestehend neben frischem, aufgeschnittenen Obst aus einem Würstchengulasch (Scheiben von Würstchen mit Sauce), Rührei, Kochschinken und Schnittkäse, manchmal auch eine zweite Sorte Wurst und Käse, dazu Toast, manchmal sogar leckere, knusprige Brötchen (was dann als Pão Francês bezeichnet wird).

Der Sandwichtoaster gehört beim Frühstück einfach dazu.
Der Sandwichtoaster gehört beim Frühstück einfach dazu.

Ohne einen Sandwichtoaster scheint brasilianisches Frühstück allerdings nicht zu funktionieren. Nicht nur gab es eigentlich immer einen, er war auch immer schwer umlagert. Erst galt es einen Platz für das belegte Brötchen im Toaster zu erobern und dann musste man aufpassen wie ein Luchs, dass die eigene Kreation nicht verbrutzelte oder in anderen hungrigen Mäulern verschwand. Die plattgedrückten, getoasteten Brötchen sahen nach ihrer Fertigstellung zwar etwas traurig aus, schmeckten aber sehr gut.

Da wird gnadelos alles weg-getoasted.
Es wird gnadenlos alles weg-getoastet.

Außerdem gab es immer mal wieder Pão de Queijo: kleine, weiche, mit Käse gefüllte Maniokmehl-Brötchen, die ebenfalls erhitzt worden waren. Die Füllung war flüssig, lecker!

Käsebrot auf brasilianisch: Pão de Queijo
Käsebrötchen auf Brasilianisch: Pão de Queijo

Zum Trinken gab es natürlich Kaffee, aber wir als Tee-Trinker entdeckten gelegentlich einen kuriosen Gruß aus der Heimat: Schwarztee von Dr. Oetker 🙂

Schwarztee von Dr. Oetker
Schwarztee von Dr. Oetker

Sandwich auf Brasilianisch

Eine sehr außergewöhnliche Form eines Sandwichs ist in Brasilien die sogenannte Tapioca. Die Basis dafür ist Tapioka-Stärke, die aus getrockneter Maniokwurzel herstellt wird. Optisch erinnert die Tapioka-Stärke an Mehl. Streut man sie ohne Fett in eine erhitze Pfanne, wird daraus ein pfannkuchenartiger Fladen, den man nach Belieben mit Käse, Carne do sol (in der Sonne getrocknetem Fleisch), Paranußstückchen etc. füllen kann.

Eine fein angerichtete Tapioca
Eine hübsch angerichtete Tapioca

Was unterwegs so einfach aussieht, stellt einen beim Nachkochen in Deutschland oft vor ungeahnte Schwierigkeiten, so auch hier. Die Zubereitung von Tapioca com Queijo (Tapioca mit Käse) hatten wir uns leichter vorgestellt… Tapioka ist eine Zutat der veganen Küche, somit ist die Tapioka-Stärke erstaunlich leicht zu beschaffen. Also gaben wir die Stärke in eine erhitzte Pfanne – und – nichts passierte. Die ursprüngliche Konsistenz (wie Mehl) änderte sich zu unserer Enttäuschung leider nicht, es entstand kein Fladen. Der erste Versuch war gescheitert :(.

Ganz wichtig: Die Tapioka-Stärke muss erst hydriert werden.
Ganz wichtig: Die Tapioka-Stärke muss erst hydriert werden.

Erst eine längere Suche im Internet brachte einen geheimen zusätzlichen Arbeitsschritt zu Tage: Die Tapioka-Stärke muss vor dem Gebrauch hydriert werden. Durch Zugabe von etwas Wasser und Durchkneten ändert sich die Konsistenz zu Krümeln, ähnlich wie bei der Herstellung von Streuseln. Diese werden anschließend gesiebt und am besten mit ein bisschen Salz vermischt. So entstehen feine Flocken, die an Kokosraspeln erinnern. Streut man sie nun in eine Pfanne, klebt die Stärke zu einem Fladen zusammen, den man beliebig mit leckeren Zutaten füllen kann. Auch wenn es sich vielleicht kompliziert anhört, das ganze dauert nur wenige Minuten.

Geschafft! Eine leckere Tapioca auf dem heimischen Teller :)
Geschafft! Eine leckere Tapioca auf dem heimischen Teller 🙂

Rodizio – Fleischeslust pur

Die brasilianische Küche ist eher auf der herzhaften und reichhaltigen Seite. Die Königsdisziplin allerdings ist zweifellos Rodizio. Dabei handelt es sich um All-you-can-eat für ganz Faule. Man muss sich nur für Vorspeisen und Beilagen zum Buffet begeben, dann kommen die Kellner mit riesigen Spießen frisch gegrillten Fleisches an die Tische und schneiden mit gigantischen Messern großzügige Stücke ab.

Beim Rodizio bringen die Kellner die Grill-Leckereien direkt an den Tisch.
Beim Rodizio bringen die Kellner die Grill-Leckereien direkt an den Tisch.

Um Spritzer und Flecken zu vermeiden, bekommt der Gast eine kleine Zange, mit der er das vom Kellner abgetrennte Grillgut vor dem unkontrollierten Absturz bewahren kann. Wichtig ist auch, ab und zu mal den Nachschub abzulehnen, damit das Fleisch auf dem Teller wirklich frisch und heiß ist und man die besten Stücke bekommt. In der Regel steht auf dem Tisch eine Art Marker, mit dem man der Prozession der Kellner signalisieren kann, ob man mit neuer Beute versorgt werden möchte, wenn man pausiert oder ob man schließlich die Waffen gestreckt hat. Auf dem Speiseplan steht vor allem Rind in vielen Variationen: Rumpsteak, Filet, Hüfte, Rippe, Sirloin, Tenderloin, aber auch Wild, Hühnchen, Würste etc.

Rinder-Rippe gefällig? Rodizio ist nichts für den kleinen Hunger ;)
Rinder-Rippe gefällig? Rodizio ist nichts für den kleinen Hunger 😉

Dazu tranken wir (ausnahmsweise) nicht den ur-brasilianischen Cocktail Caipirinha, sondern einen samtigen Rotwein. Der kam allerdings trotz eigenen Anbaus aus Chile oder Argentinien. Der Grund, so wurde uns berichtet, liegt in einer unterschiedlichen Besteuerung, die ausländische Weine (aus Mercosur-Staaten) begünstigt und brasilianischen Wein als Luxusprodukt besteuert, verrückt! Wie auch immer die genauen Zusammenhänge sein mögen, Fakt ist, dass wir (leider?) keinen brasilianischen Wein probiert haben. Entweder stand gar keiner auf der Speisekarte oder er war unverhältnismäßig teuer…

Die Kür: Fisch-Rodizio

Die absolute Kür des Rodizio-Konzepts war für uns das Fisch-Rodizio, welches wir einmal in all seinen Facetten zelebriert in Cuiabá erlebten. Dort gab es all die Fische, von groß bis größer, die wir schon auf den Märkten gesehen hatten, perfekt zubereitet und ohne Nachschubengpässe.

Ein frisch gegrillter Tambaqui in Bom Jardim
Ein frisch gegrillter Tambaqui in Bom Jardim

Eine sehr sympathische Form des Fisch-Rodizio erlebten wir in einem der urigsten Lokale unserer Brasilienreise in Bom Jardim, im „Rancho Chapulin“. Im Restaurant gab es lange Tische für jeweils mindestens 50 Leute. Wände umgaben uns nicht, nur ein solides Dach hatten wir über dem Kopf. Das Essen wurde ab 19:30 Uhr abends serviert, weil der Besitzer bis dahin damit beschäftigt war, die Fische zu grillen. Die Einheimischen (und die brasilianischen Touristen, für uns schwer zu unterscheiden) trudelten nach und nach ein. Um 19:45 Uhr war das Restaurant fast voll, wir waren die einzigen Ausländer.

Hier gibt es die Beilagen.
Hier gibt es „nur“ die Beilagen.

Über den Namen des Restaurants (Chapulin, die Heuschrecke) hatten wir uns schon ein bisschen gewundert. Wahrscheinlich spielt er auf die Mengen von Nahrungsmitteln an, die die Scharen hungriger Gäste fleißig dezimierten. Nachdem der Fisch fertig gegrillt war, tauchte der Gastgeber kurze Zeit später in einem Heuschreckenkostüm wieder auf und zog eine lustige Show ab. Einige der kleinen Kinder waren starr vor Schreck und mussten getröstet werden. Die älteren durften auch mal den quietschenden roten Plastikhammer des Restaurantbesitzers ausprobieren. Das Buffet war eröffnet!

Der Chapulin sorgte für eine Super-Stimmung!
Der Chapulin sorgte für Stimmung!

In großen Töpfen gab es Reis, Bohnen, Hühnchen, Kartoffelbrei. Ein paar Meter weiter wurde der Fisch zerlegt und jeder Gast bekam ein großzügiges Stück. War der Hunger noch nicht gestillt, konnte man sich jederzeit einen Nachschlag holen. Die Bezahlung verlief komplett auf Vertrauensbasis. Jeder Gast legte 30 Reais (plus Getränke) selbstständig in ein Holzkästchen und nahm sich sein Wechselgeld, wie er es für richtig hielt.

Essen ist fertig!
Essen ist fertig!

Süße brasilianische Versuchungen

Von den vielen exotischen Früchten, Säften und der Cupulade hatten wir schon berichtet, wir entdeckten aber noch mehr bemerkenswerte brasilianische Süßspeisen. Für unseren Geschmack ungewöhnlich, aber in Brasilien in jeder Pizzeria erhältlich, ist Schokoladenpizza. Dabei handelt es sich um einen klassischen Boden, nur nicht mit Tomaten und Käse belegt, sondern zum Beispiel mit Schokoladencreme und Erdbeeren. Falls ihr probieren möchtet, Schokopizza gibt es in Deutschland sogar von Dr. Oetker, allerdings ohne Obst. Nebenbei, in Brasilien gibt es auch Pizza-Rodizio!

Schoko-Pizza mit Erdbeeren
Schoko-Pizza mit Erdbeeren

Nicht Dr. Oetker, sondern Kibon (entspricht Langnese in Brasilien) ist der Hersteller unseres Lieblingseis am Stiel, des Tablito. Es besteht aus einem soliden Schokokern, der mit Vanille-Eis und weißer Schokolade umhüllt ist, einfach köstlich :). Liebe Langnese-Deutschland-Strategen, warum wird Tablito eigentlich nicht in Deutschland angeboten? Zwei Stammkunden gäbe es schon ;).

Tablito: É folia no palito. Es ist Party am Stiel.
Tablito: É folia no palito. Es ist Party am Stiel.

Last but not least wollen wir den Brigadeiro nennen, dabei handelt es sich um eine Art großer, süßer Trüffelpraline. Um den militärisch klingenden Namen ranken sich mehrere Legenden, die in der einen oder anderen Form auf Eduardo Gomes, einen Luftwaffenoffizier und Präsidentschaftskandidaten im Wahlkampf von 1945 zurückgehen. Die besten Brigadeiros zauberte Vita für uns auf der Lo Peix. Sie bestanden aus je einer knackigen Traube, die mit einer schokoladigen Masse und Schokostreuseln umhüllt war.

Brigadeiros, brasilianische Pralinen
Brigadeiros, brasilianische Pralinen
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[…] Abend planten wir einen Ausflug zum legendären Restaurant „Carnivore„, das sozusagen Rodizio auf kenianisch bietet. Selbstredend sollten wir die paar hundert Meter zum Restaurant mit dem Taxi […]

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