Warum wir doch nicht den Iran besuchten

Eigentlich wollten wir als nächstes Reiseland den Iran besuchen, aber wir haben uns schweren Herzens dagegen entschieden. Was waren die Gründe dafür? Um es kurz zu fassen: Wir wollen uns nicht schikanieren lassen.

Leider fuhren wir nicht in den Iran.
Leider fuhren wir nicht in den Iran.

Und sofort ist man verdächtig

Seit 2015 (also noch unter der Obama-Administration…) sind selbst Bürger befreundeter Nationen verdächtig, den internationalen Terrorismus zu unterstützen, wenn sie nach dem 01. März 2011 im Iran (oder Irak, Sudan, Syrien, Libyen, Somalia oder Jemen) waren. Durch einen Besuch eines der obigen Länder (egal aus welchem Grund) wird man lebenslang vom Visa Waiver Programm der USA ausgeschlossen. Es hilft auch nicht, einen neuen Reisepass zu beantragen, da heutzutage die Daten im Chip gespeichert werden bzw. ein wissentlich falsch gesetztes Kreuzchen auf einem ESTA-Formular schwere Folgen haben kann. So etwas nennt sich: Visa Waiver Program Improvement and Terrorist Travel Prevention Act of 2015. Da wir beide Verwandte in den USA haben, würde ein Besuch im Iran bedeuten, dass wir alle 10 Jahre ein neues Visum (B1/B2) für die USA beantragen müssten.

Das hieße im Klartext, dass wir jeweils 140 USD löhnen müssten (plus ggf. weiterer Gebühren), einen umfangreichen Papierkrieg über uns ergehen lassen und jeweils für ein persönliches (nicht delegierbares) Interview beim Konsulat erscheinen müssten. Zwar lasen wir über die Sinnlosigkeit dieses Vorgehens, da die Erteilung des Visums angeblich eine reine Formsache sei. Angesichts der aktuellen Unberechenbarkeit der US-amerikanischen Politik kann man sich aber leider auf die Regierenden der Verbündeten auf der anderen Seite des Atlantiks nicht verlassen…

Auch wenn wir gerne in den Iran gereist wären, wollten wir keinen unbegründeten Verdacht auf uns lenken, da wir gelesen haben, dass es auch während der Reise in die USA zu Schwierigkeiten kommen kann. Bei jedem Flug in die Vereinigten Staaten hat man immer einen unangenehmen Sonderstatus. Weil man kein ESTA hat, darf man nicht online einchecken und muss ggf. auch bei der Einreise regelmäßig Extrarunden drehen. Auf all den Zinnober hatten wir schlicht und ergreifend keine Lust! So entschieden wir, uns diese möglichen Unannehmlichkeiten zu ersparen und verzichteten auf den Besuch des Iran. Stattdessen reisten wir nach Jordanien, damit immerhin ein arabisches Land auf unserer Reiseroute läge…

Und trotzdem stehen wir auf der schwarzen Liste

Kaum war die Entscheidung gefallen (gegen Ende unseres Aufenthaltes in Brasilien), wurde uns bewusst gemacht, dass wir vermutlich trotzdem schon auf der schwarzen Liste stehen. Uns wurde (natürlich indirekt) unterstellt, den internationalen Terrorismus finanziell zu unterstützen. Wie kann das sein? Oder sind wir nur übermäßig sensibel? Lest und urteilt selbst. Diese Mail bekamen wir von unserer Bank (Originaltext):

Guten Tag, Herr Wittmann,

zu Ihrer Überweisung vom 19.07.2018 mit Referenz xxx erhielten wir eine Anfrage.

Bitte teilen Sie uns den Grund der Zahlung mit. Gerne können Sie uns eine Rechnungskopie zur Verfügung stellen.

Des Weiteren benötigen wir die Erläuterung zum Verwendungszweck. Sofern es sich bei „SALAM“ um eine Privatperson handelt, nennen Sie uns bitte den vollständigen Namen, das Geburtsdatum, den Geburtsort sowie die Adresse dieser Person. Wenn es keine Person ist, erklären Sie uns bitte den Begriff SALAM.

Bitte senden Sie uns Ihre Nachricht umgehend, spätestens bis 30.07.2018 (Frist 4 Tage, Anmerkung der Redaktion), per E-Mail aus dem Persönlichen Bereich in englischer Sprache. Für Fragen stehen Ihnen unsere Kundenbetreuer telefonisch rund um die Uhr gerne zur Verfügung.

Spionage für Anfänger

Verdutzt lasen wir diese Mail, konnten uns aber das Schmunzeln darüber, was passiert war, nicht verkneifen. In die Welt hinaus rufen wir, in der Hoffnung, dass es die NSA hört: „Also ehrlich Freude, wenn Ihr schon spioniert, dann bitte richtig! Lest nicht nur einzelne Stichwörter, sondern den ganzen Text!“

Auf einer Auslandsüberweisung nach Tansania hatte ich folgenden Betreff angegeben: „Safari Christian Wittmann, 2 persons, starting with pickup in Dar es Salam on September 2nd“

Salam ist keine Kontaktperson, auch kein verkapptes „as-salāmu ʿalaikum“ (Friede sei mit Dir/Euch!‘), sondern bei Dar-es-Salam handelt es sich um die größte Stadt in Tansania. Liebe NSA, wie peinlich, wenn Ihr eine Landkarte lesen könntet, wäre das nicht passiert. Damit das in Zukunft nicht noch einmal vorkommt, hier der englische Wikipedia-Artikel zum Nachlesen: https://en.wikipedia.org/wiki/Dar_es_Salaam

Ich suche übrigens noch nach einem Freiwilligen, dem ich 2,50 Euro per Auslandsüberweisung überweisen darf. Als Verwendungszweck würde ich wählen: „Vielen Dank für die leckere Salam!“

Genau deshalb flogen wir nicht in den Iran. Wir wollen als unbescholtene Bürger nicht Zielscheibe von Geheimdiensten werden. Wir wollen nicht von Ignoranten verdächtigt werden, Dinge zu tun, die mehr als absurd sind, und wir würden gerne weiterhin unsere Verwandten in den USA besuchen dürfen. Liebe NSA, liebes Department of Homeland Security, ist das OK?

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[…] nichts näher, als einfach hinzufahren und selbst Eindrücke zu gewinnen. Nachdem wir uns gegen den Iran entschieden hatten, war Jordanien eine logische, unkomplizierte und interessante Alternative. Es […]

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